Strategie vs. Komplexität

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Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum sich Unternehmen mit dem Management mehr als einer Cloud auseinandersetzen müssen – doch egal warum, sicher ist, dass es komplex wird.

Strategie vs. Komplexität

Silvio Kleesattel: „Multi-Cloud-Würfel geben den dringend benötigten Überblick über alle Services und APIs, die für einen Workload gemanagt, gesteuert und gesichert werden müssen.“

Ökonom und Nobelpreisträger Harry Markowitz hat einen einprägsamen und gleichzeitig bedeutungsvollen Satz geprägt: „Lege nicht alle Eier in einen Korb.“ Für seine Portfoliotheorie wollte er damit unterstreichen, dass es bei der Geldanlage immer ratsam ist, breit zu streuen. Aber eben nicht nur da. Ganz grundsätzlich ist es eine gute Strategie, Risiken zu verteilen, Abhängigkeiten zu reduzieren und Vielfalt zu fördern – und das gilt insbesondere auch für all diejenigen Unternehmen, die sich aktuell intensiv mit der Zukunft der Informationstechnologie in Gestalt der Cloud beschäftigen. Die Hoffnungen an die Multi-Cloud sind groß, stellen sich mittlerweile in der Praxis jedoch herausfordernd dar.

Häufig kommt es ganz ungeplant zur Multi-Cloud, denn auch bei Firmenübernahmen und Zusammenschlüssen oder immer dann, wenn Abteilungen relativ autark arbeiten, können sehr heterogene Cloud-Landschaften zustandekommen. Mit steigender Abhängigkeit von der Cloud-Infrastruktur wachsen allerdings auch die Gründe für eine strategische Nutzung von Multi-Cloud-Szenarien.

Allen voran steht das altbekannte Problem des Vendor-Lock-Ins, der Unternehmen willkürlicher Preispolitik oder von Änderungen im Lösungsportfolio aussetzt. Auch das Thema Business Continuity gewinnt ob der volatilen Weltlage noch einmal an Bedeutung. Angefangen bei Down-Zeiten, bedingt durch technische Erfordernisse oder Missmanagement, über Ausfälle durch Cybersicherheitsvorfälle bis hin zur Zerstörung der physischen Infrastruktur in Form von Rechenzentren oder Unterseekabeln, wie zuletzt in Frankreich.

Egal ob ein Multi-Cloud-Szenario strategisch oder über Umwege zustande kam, immer mehr IT-Abteilungen müssen sich der Herausforderung stellen, eine solche heterogene Cloud-Landschaft zu managen.

Steile Lernkurve im Cloud-Management

Wer sich praktisch mit dem Thema „Cloud“ befasst hat, weiß: Schon für den Betrieb einer Single-Cloud-Umgebung braucht es eine steile Lernkurve. Das potenziert sich mit einer Multi-Cloud. Hinzu kommt, dass die meisten Spezialisten in der Regel eine bestimmte „Cloud-Heimat“ haben, in der sie sich am besten auskennen. Darüber hinaus gibt es keine einheitliche Definition dafür, ab wann man von Multi-Cloud sprechen kann. Häufig wird das bloße Verschieben von Applikationen oder Workloads zwischen verschiedenen Hyperscaler Clouds, etwa über eine Container-Architektur, darunter verstanden. Und selbst das Management eines solchen vermeintlich einfachen Anwendungsfalls bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Denn zwischen den verschiedenen Clouds bestehen fundamentale Unterschiede. Das heißt für Programierer: Um dieselbe Aufgabe in der AWS oder der Google Cloud zu lösen, müssen sie Schlüsselkonzepte von Grund auf neu lernen oder intelligent abstrahieren – selbst und gerade wenn auf Kubernetes als Abstraktionslayer gesetzt wird.

Die Wahl der jeweiligen Cloud-Services und APIs für eine Applikation sollte deshalb eine sehr bewusste und informierte Entscheidung sein, die bestenfalls auf Basis eines funktionierenden Multi-Cloud-Managements getroffen wird. Viele Unternehmen sind mittlerweile unbeabsichtigt in komplexe Multi-Cloud-Setups „reingerutscht“, die damit das Management von Compliance, Sicherheit, Performance und Kosten signifikant erschweren. 

Multi-Cloud-Würfel: Einer, um sie alle zu finden

Bis hierhin ist sicherlich deutlich geworden, dass einer Multi-Cloud-Architektur idealerweise intensive Überlegungen vorausgehen – bzw. ein effektives Management nach begangener Tat irgendwann unabdingbar wird. Hier kommt der „Multi-Cloud-Würfel“ ins Spiel. Mithilfe dieses dreidimensionalen Würfel-Modells werden die verschiedenen Dimensionen einer Multi-Cloud-Architektur deutlicher. Auf der X-Achse dieses Würfels befinden sich die unterschiedlichen API und Service Provider, die innerhalb des Workloads eingesetzt werden. Deshalb kann diese Achse auch beliebig wachsen, je mehr unterschiedliche Services verwendet werden. Die Y-Achse steht für die unterschiedlichen Service-Layer des Workloads wie Infrastruktur-, Plattform- oder Informationsservices. Auf der Z-Achse findet sich dann die räumliche Dimension – angefangen bei der Cloud, dem Data Center, verteilten Server- und Edge-Umgebungen bis hin zum Endpoint, wo die Services eines Workloads aufgerufen werden.

Mithilfe dieses Modells ist es möglich, Applikationen und ihre Multi-Cloud-Bezüge präzise zu verorten. Es ermöglicht den Applikationsverantwortlichen wirklich alle Services und APIs zu veranschaulichen, die in einem Workload zum Einsatz kommen. Multi-Cloud-Würfel geben somit den dringend benötigten Überblick über alle Services und APIs, die für einen Workload gemanagt, gesteuert und gesichert werden müssen.

Große Auswahl an guten Cloud-Management-Tools

Was jetzt noch fehlt, ist die passende Cloud-Management-Tool-Strategie, um das Modell in der Praxis umzusetzen. Da mittlerweile auch die Hyperscaler in Sachen Cloud-Management-Tooling nachgelegt haben und teilweise schon Multi-Cloud-Management unterstützen, ist es eine Option, sich für ein Tool zu entscheiden, das die primären Hyperscaler im Portfolio hat. Denn ein selektives Ergänzen ist dann immer noch möglich.

Insgesamt gibt es eine große Auswahl an soliden Cloud-Management-Tools, die sich in der Praxis bewährt haben. Der Ergänzungsbedarf, den wir in Gesprächen mit Cloud-Verantwortlichen darüber hinaus immer wieder feststellen, liegt vor allem beim Kosten- und Security-Management. Teams etwa, die in einer DevOps-Kultur mit schnellen Release-Zyklen arbeiten, wollen hingegen moderne, elegante Self-Service-Tools, die sich einfach in ihre DevOps-Toolchain integrieren lassen. Und Unternehmen, die sich in der digitalen Modernisierung befinden, haben oft weiterhin umfangreiche Umgebungen in Rechenzentren oder in verteilten Serverumgebungen, die jetzt zusammen mit Cloud-Services gemanagt werden müssen.

Und nun?

Der Multi-Cloud-Würfel ist ein erster guter und wichtiger Ansatz, wirklich alle Dimensionen der Workloads in einer Multi-Cloud-Landschaft zu verstehen. Auf dieser Basis lassen sich dann auch einheitliche Parameter schaffen, mit denen die Verantwortlichen überhaupt über eine Optimierung nachdenken können. Allerdings müssen selbst die derzeit erhältlichen Tools und Plattformen, die eine zentrale und automatisierte Steuerung ermöglichen und Grundlage für strategische Entscheidungen bilden, noch deutlich weiterentwickelt werden. Klar ist, dass gelungene Multi-Cloud-Architekturen noch lange nicht alltäglich sind. Doch es sollte auch deutlich geworden sein, dass das Szenario Multi-Cloud IT-Verantwortliche längst eingeholt hat.

Bildquelle: Getty Images / iStock / Getty Images Plus

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