Energiewende mit der Cloud Deutschland in der Energiekrise – so ist die Cloud Teil der Lösung

Ein Gastbeitrag von Karsten Kümmerlein* 5 min Lesedauer

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Deutschland plant eine CO2-neutrale Zukunft. Die Cloud scheint als Großverbraucher Teil des Problems zu sein. Doch was, wenn gezielte Steuerung von Großverbrauchern, Unternehmen oder einzelner Maschinen tatsächlich ein Lösungsbaustein für unser Energieproblem wäre?

Dank smarter Technologie und dem Einsatz von Cloud ist es technisch bereits heute möglich.
Dank smarter Technologie und dem Einsatz von Cloud ist es technisch bereits heute möglich.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Die deutsche Energieinfrastruktur setzt derzeit noch auf wenige Großkraftwerke, die Spitzenlasten abdecken und zuverlässig Strom liefern. Dabei liegt der Fokus auf fossilen Brennstoffen Kohle und Gas. Das Problem neben dem negativen Effekt auf die Umwelt ist die Abhängigkeit von ausländischen Anbietern, da Deutschland selbst nicht genug Kohle- und Gasvorkommen hat, um den Energiebedarf zu decken. Alternativ dazu bieten sich Atomkraft und Wasserstoff als Energieträger an. Allerdings sind auch sie umstritten. Mit dem Ziel einer CO2-neutralen Zukunft muss Energieeffizienz daher in den kommenden Jahren eine ganz neue Bedeutung bekommen.

Der Einsatz erneuerbarer Energiequellen wie Windkraft und Photovoltaik befindet sich noch im Ausbau. Immerhin produzieren wir bereits knapp die Hälfte unseres Stroms mit erneuerbaren Energiequellen. Diese sind stark von äußeren Einflüssen abhängig. Die Auswirkungen zeigen sich bereits jetzt. So sehen wir in Sommermonaten mit hoher Sonneneinstrahlung und in Wintermonaten mit viel Wind ein Überangebot an Strom, während nachts oder an windstillen Tagen das Angebot aus erneuerbaren Energiequellen stark eingeschränkt ist. Die Stromerzeugung kann sich künftig also nicht mehr ausschließlich nach dem Verbrauch richten. Im Gegenteil: Unser Verbrauch wird sich an den zur Verfügung stehenden Mengen an Energie orientieren müssen.

Die Zukunft der Energieversorgung

Die Energiewende erfordert eine Anpassung des Strommarktdesigns. Grund dafür ist besonders die fehlende Speicherinfrastruktur. Eine Speichertechnologie, die den vollständigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage leisten kann, gibt es derzeit nicht und wird es voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nicht geben. Deshalb müssen wir lernen, Energiespitzen zu nutzen und im Gegenzug geringere Energieeinspeisungen zu überbrücken. Dies gelingt nur, wenn wir den Marktmechanismus umkehren: Die Nachfrage muss sich wo immer möglich, dem Angebot anpassen. 

Das einfachste Mittel, um ein entsprechendes Umdenken zu fördern, ist das Setzen monetärer Anreize. Dieses Konzept ist im deutschen Energiemarkt nicht unbekannt. Großverbraucher wie die Schwerindustrie haben die Option, durch Energiemanagement Kosten zu drücken. Die meisten Verbraucher haben heute noch keine Möglichkeit, ihre Energiekosten durch schwankende Preise zu optimieren. Eine entsprechende Regulierung des Verbrauchs über den Preis könnte dabei die perfekte Möglichkeit sein, Spitzenkapazitäten zu nutzen und Blackouts zu verhindern. 

Dank smarter Technologie und dem Einsatz von Cloud ist es technisch bereits heute möglich, Industrien entsprechend zu steuern und die Informationen über Strompreise, deren voraussichtliche Entwicklung und Verfügbarkeiten in Echtzeit in die Berechnungen zur Kosteneffizienz einfließen zu lassen. Der Strommarkt ist extrem transparent, variable Börsenpreise für den aktuellen und kommenden Tag sind frei verfügbar. So könnten besonders produzierende Unternehmen ihre Kosten regulieren, indem sie zum Beispiel Maschinen ausschließlich laufen lassen, wenn Strompreise niedrig oder bei Überangebot sogar negativ sind. Es ist zu erwarten, dass variable Preise auf der Verbraucherseite auch bis zum privaten Endverbraucher möglich sein werden. Damit entsteht ein komplett neuer Markt für smarte Technologie. Gerade in Haushalten sind die Großverbraucher in der Regel variabel steuerbar.

Ein System, das auf der einen Seite Zugriff auf die aktuellen Strommarktpreise hat und auf der anderen Seite Verbraucher steuern kann, kann diese entsprechend zu niedrigen Preisen versorgen. Gerade Großverbraucher im Bereich Prozesswärme können davon profitieren. Aber auch Verbraucher, die über Akkus verfügen wie die gesamte Elektromobilität, wären hier klar im Vorteil. Sie können flexibel die Stromaufnahme steuern. Hier wäre es möglich, bereits im Vorhinein Preispunkte festzulegen, zu denen eine Aufladung erfolgt. Sollten diese überschritten werden, kommt es erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Aufladung. 

Wenn die Preisdifferenz zwischen Hochlast- und Niedriglastphasen groß genug ist, werden auch Speicher für einzelne Verbraucher sinnvoll. Diese könnten dann zu entsprechend niedrigen Preisen Strom einkaufen, um diesen später für einen uneingeschränkten Betrieb zu nutzen. Durch Clou- Technologie kann somit ein riesiges virtuelles negatives Kraftwerk entstehen. Die Basistechnologien dafür sind bereits vorhanden und Hyperscaler-Cloud wie AWS und Azure sind leistungsfähig genug, um Millionen von IoT-Devices steuern zu können.

Strom als Hauptenergiequelle der Zukunft

Das aufgezeigte Szenario setzt auf Strom als Hauptenergiequelle. Für eine entsprechende Umstellung sprechen dabei mehrere Gründe. Zum einen natürlich die Möglichkeit, Strom umweltschonend zu gewinnen. Zum anderen die Tatsache, dass wir bereits eine starke Infrastruktur für die Gewinnung und Verteilung von Strom in Deutschland haben. Wasserstoff als universelle Speichertechnologie ist prinzipiell möglich, allerdings ist die Produktion von grünem Wasserstoff noch ineffizient, es geht auf dem Weg Strom → Wasserstoff → Strom ungefähr 60 Prozent der Energie verloren.

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Strom als Energiequelle, und besonders dessen dezentrale Gewinnung durch erneuerbare Energiequellen, hat aber noch einen entscheidenden Vorteil: Wir haben an den Angriffen auf die Nordstream-Pipelines gesehen, wie anfällig Energieinfrastruktur gegen gezielte Anschläge ist. Unsere zukünftige Energieproduktion setzt auf Dezentralität und Kleinteiligkeit. Es ist sehr viel leichter, eine Pipeline zu zerstören als sämtliche Windräder in Deutschland.

Abschaltung als Chance und nicht Bedrohung

Es liegt besonders an der produzierenden Industrie in Deutschland, umzudenken und Teil der Lösung zu werden. In der Schwerindustrie sehen wir bereits heute Beispiele, die durch den gezielten Einsatz und besonders das Einsparen von Energie zu einer reibungslosen Versorgung beitragen. Aluminiumhütten verdienen beispielsweise auch Geld damit, im richtigen Moment die Produktion einzustellen. Für dieses Abschalten werden sie monetär entlohnt. Sogenannter Last-Abwurf der ersten Stufe, also freiwillig, kann künftig ein wichtiger Faktor sein, um unsere Energieversorgung zu stabilisieren. 

Es helfen schon kleinere Schritte wie die Optimierung von Produktionsketten. Viele Unternehmen haben beim Thema Cloud und IoT im Maschinenpark primär Predictive Maintenance auf dem Schirm, nicht aber die Energieeffizienz und Lieferkettenoptimierung. Hier ist ein Umdenken unumgänglich.

Bisher sehen allerdings viele produzierende Unternehmen die Abschaltung oder eine stärkere Regulierung des Strommarktes als Bedrohung. Dabei liegen hier auch Chancen für Unternehmen, Kosten zu sparen und Gewinne durch geringere Energiekosten zu steigern. Denn im Gegensatz zu Privathaushalten oder öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Schulen, haben produzierende Unternehmen die Möglichkeit, den Energieverbrauch gezielter zu steuern und zu regulieren. Die Cloud wird hier zukünftig unterstützen.

* Karsten Kümmerlein ist Head of Go to Market bei Skaylink.

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